AKUTE PORPHYRIEN
1. WAS IST EINE AKUTE PORPHYRIE?
"Akute Porphyrie", auch bezeichnet
als "akute hepatische Porphyrie",
ist ein Begriff, der die drei einander ähnelnden
erblichen Erkrankungen akute intermittierende
Porphyrie, Porphyria variegata und hereditäre
Koproporphyrie umfasst. Sie werden unter einer
gemeinsamen Bezeichnung zusammengefasst, weil
sich alle drei Krankheiten mit akuten Porphyrie-Attacken
manifestieren können. Die Attacken treten
selten auf und sind oft schwer zu diagnostizieren.
In Europa erkrankt ca. eine Person unter
75.000 Einwohnern an einer akuten Porphyrie-Attacke.
Die akut-intermittierende Porphyrie ist die
häufigste akute Porphyrie-Variante. Bei
dieser Erkrankung kommt es nur zu akuten neurologischen
Attacken, während die Haut nie betroffen
ist. Wenn Sie dagegen an einer Porphyria variegata
oder einer hereditären Koproporphyrie
leiden, können sich auch Hautsymptome
entwickeln. Bei der Porphyria variegata können
Hautveränderungen und akute Attacken
zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten.
2. WAS IST EINE AKUTE PORPHYRIE-ATTACKE?
Akute Attacken beginnen meist mit starken
Bauchschmerzen, die Schmerzen können
sich aber auch erstmalig am Rücken oder
in den Oberschenkeln manifestieren. Übelkeit,
Erbrechen und Verstopfung finden sich häufig
begleitend. Einige Patienten sind verwirrt
und können sich nach akuten Attacken
nur schwer an Einzelheiten ihrer Krankheit
erinnern. Muskelschwäche, welche zu Lähmungserscheinungen
führen kann, und epileptische Anfälle
sind seltene Symptome. Ein beschleunigter
Puls und erhöhter Blutdruck finden sich,
erreichen jedoch selten ein gefährliches
Ausmass.
Eine akute Attacke erstreckt sich meist über
mehr als 1-2 Wochen. Falls aber neurologische
Komplikationen wie Lähmungserscheinungen
hinzukommen, kann eine akute Attacke lebensgefährlich
sein. Tritt eine solche Lähmung auf,
ist eine langsame Erholung bis hin zur weitgehenden
Heilung möglich.
Akute Attacken werden vielfach durch Arzneimitteleinnahme,
Alkohol, Infektionen, stressbedingte Situationen
oder Hormonschwankungen (z.B. während
des Menstruationszyklus) ausgelöst. Meist
treten die Attacken zwischen der Teenager-Zeit
und dem 40. Lebensjahr auf, nur sehr selten
vor der Pubertät. Die meisten Patienten
erleiden während ihres Lebens sehr wenige
Attacken, nur eine kleine Minderheit leidet
unter wiederholten Attacken, die manchmal
über Jahre anhalten können. Die
Attacken können sehr schwerwiegend sein,
vor allem wenn Sie durch ungeeignete Medikamente
oder Alkohol ausgelöst werden, verlaufen
aber heutzutage bei korrekter Diagnose und
rechtzeitiger Behandlung nur selten tödlich.
Die meisten Patienten erholen sich nach einer
oder einigen wenigen Attacken vollständig.
Sie führen ein normales Leben, wenn sie
sich an einige Regeln halten, um das Risiko
einer weiteren Attacke zu verringern.
Frauen haben aufgrund der weiblichen Hormone
ein dreifach höheres Risiko eine akute
Attacke zu erleiden (s. Kapitel
11).
3. WIE WIRD EINE AKUTE
PORPHYRIE VERERBT?
Jede der drei akuten Porphyrie-Formen ist
durch einen spezifischen Enzymdefekt gekennzeichnet
und resultiert aus einer veränderten
Erbanlage in einem spezifischen Abschnitt
der Erbsubstanz, das heisst in einem Gen.
Bei jeder der akuten Porphyrien ist ein anderes
Gen betroffen.
Diese genetische Veränderung wird vererbt
(Abb. 2), und daher besitzt jeder Porphyrie-Patient
eine Anzahl von Verwandten, welche das veränderte
Gen auch geerbt haben. Wenn also zwei oder
mehr Personen innerhalb einer Familie an Porphyrie
erkrankt sind, bedeutet dies, dass alle an
derselben Porphyrie-Form erkrankt sind.
Sobald bei einem Patienten die Porphyrie
erstmalig diagnostiziert wird, ist es möglich,
dass er nahe oder entfernte Verwandte besitzt,
die ebenfalls das veränderte Gen geerbt
haben, welches für die akute Porphyrie
verantwortlich ist. Die meisten dieser Verwandten
wissen jedoch nicht, dass sie die veränderte
Erbanlage für eine akute Porphyrie geerbt
haben und sie daher ein Risiko für die
Entwicklung einer Porphyrie-Attacke oder aber,
falls sie an einer Porphyria variegata oder
hereditären Koproporphyrie erkrankt sind,
auch für die Entwicklung von Hautsymptomen
tragen.
Wie
wird eine akute porphyrie vererbt ? |
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Kind ist nicht betroffen (Kein Genträger) |
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Kind ist Träger
des delekten Gens und es besteht
das Risiko
einer akuten Porphyrie Attacke |
|
©
Illustrations copyrighted Clare Hollest
Die jeweils für eine der drei akuten
Porphyrien verantwortliche genetische Veränderung
wird spezifisch vererbt, wobei der zugrunde
liegende Erbgang als autosomal dominant bezeichnet
wird.
Gene, die Informationen für die Anlage
aller Körperbestandteile beinhalten,
sind üblicherweise paarweise vorhanden.
Jeweils eine Kopie dieses Gens wird von den
beiden Eltern an ihre Nachkommen vererbt.
Manchmal tritt jedoch ein Fehler bei der Vererbung
eines Gens auf, so dass daraus eine genetische
Veränderung resultiert, die als sog.
Mutation bezeichnet wird. Wenn die Mutation
in nur einer Hälfte des Gen-Paares ausreicht,
um die Erkrankung zu verursachen - wie dies
auch bei den akuten Porphyrien der Fall ist
- so wird die Mutation autosomal dominant
vererbt.
Diese genetische Veränderung (Mutation)
kann von den Eltern an das Kind vererbt werden,
und das Risiko davon betroffen zu sein ist
1:2 oder 50% (s. Diagramm).
Dasselbe Risiko die Krankheit weiter zu vererben
besteht prinzipiell für jedes Individuum
mit einer Genveränderung, unabhängig
davon, ob diese Person selbst auch Symptome
einer Porphyrie entwickelt hat oder nicht.
Somit kann es mitunter erscheinen, dass die
Krankheit eine Generation überspringt.
4. WIE HOCH IST DAS RISIKO
FÜR PERSONEN, DIE GENTRÄGER EINER
AKUTEN PORPHYRIE SIND, DASS SIE JEMALS PORPHYRIE-SYMPTOME
ENTWICKELN?
Nur ein kleiner Teil der Personen, die eine
Genmutation für eine akute Porphyrie
geerbt haben, entwickeln im Laufe ihres Lebens
eine akute Attacke. Es ist erwiesen, dass
mindestens ¾ der Personen, welche eine
genetische Anlage für akute Porphyrie
geerbt haben, nie Porphyrie-Beschwerden entwickeln
werden. Bei Personen, die unter akuten Attacken
leiden, scheinen zusätzliche auslösende
Faktoren vorhanden zu sein. Unser Wissen über
diese auslösenden Faktoren ist sicher
unvollständig. Als die wichtigsten hierunter
gelten jedoch die Einnahme weit verbreiteter
Medikamente oder von Alkohol. In einigen Fällen
hingegen treten akute Attacken auf, ohne dass
ein auslösender Faktor identifiziert
werden kann. Langjährige medizinische
Erfahrung zeigt, dass Individuen mit der Anlage
zu einer akuten Porphyrie, die mit grosser
Sorgfalt die bekannten Risikofaktoren meiden,
ein wesentlich geringeres Risiko aufweisen,
eine akute Porphyrie-Attacke zu entwickeln.
5. WIE WIRD EINE AKUTE
PORPHYRIE-ATTACKE DIAGNOSTIZIERT?
Für die Diagnose einer akuten Attacke
und die Charakterisierung der spezifischen
Porphyrie-Form benötigt man Urin-, Blut-
und Stuhlproben, welche in einem anerkannten,
spezialisierten Labor (s.
Liste) sorgfältig untersucht werden.
Die Tests messen die Konzentrationen der
Porphyrine und ihrer Vorstufen, d-Aminolävulinsäure
(ALA) und Porphobilinogen (PBG).
Diese Substanzen sind bei Vorliegen einer
akuten Porphyrie-Attacke stark erhöht.
Es ist wichtig, diese Untersuchungen unmittelbar
nach dem Ausbruch der Krankheit durchzuführen,
da eine sichere Diagnosestellung Monate oder
Jahre nach Abklingen der Porphyrie-Symptome
oft sehr schwierig ist. Bei einem Patienten,
der bekannterweise die Anlage zu einer Porphyrie
geerbt hat, ist es manchmal schwer zu unterscheiden,
ob neu aufgetretene Krankheitssymptome durch
eine akute Porphyrie-Attacke bedingt sind,
oder ob nicht eine andere Erkrankung vorliegt.
In diesem Fall kann die Ärztin oder der
Arzt mittels Urin- und evtl. weiteren Untersuchungen
klären, woran Sie momentan leiden.
Es ist wichtig, dass jemand, der eine Porphyrie-Mutation
trägt, nicht alle Erkrankungen der Porphyrie
zuschreibt. Dies könnte sonst dazu führen,
dass andere schwerwiegende Krankheiten, z.B.
eine Blinddarmentzündung, übersehen
werden.
6. WANN IST DER BESTE ZEITPUNKT,
UM EINE AKUTE PORPHYRIE NACHZUWEISEN?
Der beste Zeitpunkt ist die erstmögliche
Gelegenheit. In der Praxis bedeutet dies,
dass sobald die Krankheit bei einem Verwandten
diagnostiziert wurde, seinen blutsverwandten
Familienangehörigen eine Abklärung
vorgeschlagen werden sollte. Wenn bei einem
Elternteil die Anlage zur Porphyrie vorliegt,
sollten die Kinder zu einem geeigneten Zeitpunkt
ab dem 2. Lebensjahr untersucht werden.
Sie können Ihren Arzt auch bereits während
einer Schwangerschaft darauf ansprechen, so
dass der Arzt sich erkundigen kann, wann bei
Ihrem Kind eine Abklärung durchgeführt
werden kann. Je nach Situation ist es heute
oft möglich, die notwendige Untersuchung
bei der Geburt durchzuführen; ansonsten
sollte bis nach dem ersten Lebensjahr oder
sogar noch später gewartet werden.
Eine frühe Diagnose hat zwei wesentliche
Vorteile.
|
Falls die Porphyrie-Anlage geerbt wurde,
kann der/die Betroffene instruiert werden,
wie er/sie das Risiko für akute Attacken
verringern kann. |
|
Bricht
eine akute Attacke aus, kann der Arzt
rasch die Diagnose stellen und sofort
die adäquate Spezial-Behandlung einleiten. |
Die Symptome einer akuten Porphyrie-Attacke
sind nicht immer einfach als solche zu erkennen.
Falls die Anlage zur Porphyrie nicht bekannt
ist, besteht das Risiko, dass der Arzt Medikamente
verschreibt, die die Attacken verstärken
oder, dass er sogar eine Operation vorschlägt.
7. WIE WERDEN VERWANDTE
AUF AKUTE PORPHYRIE UNTERSUCHT?
Für Verwandte ohne klinische Symptome
und speziell bei Kindern ist ein Urintest
nicht aus-sagekräftig. Bei diesen Individuen
müssen in spezialisierten Laboratorien
(siehe
Liste) Blut- und manchmal Urin- und Stuhluntersuchungen
durchgeführt werden. Es ist heutzutage
auch möglich, genetische Tests (DNA-Untersuchungen)
durchzuführen, um die Porphyrie auslösende
Genmutation zu identifizieren. DNA-Tests sind
zuverlässiger als andere Methoden, aber
auch aufwendiger. Ausserdem können sie
nicht bei allen Familien durchgeführt
werden.
Ihr behandelnder Arzt kann diese speziellen
Untersuchungen in die Wege leiten. Falls Sie
weit entfernt vom Labor wohnen, können
die zu untersuchenden Proben nach vorhergehender
Rücksprache mit dem Laborleiter auch
mit der Post an das spezialisierte Labor geschickt
werden.
8. WIE KANN ICH DAS RISIKO
EINER AKUTEN ATTACKE VERRINGERN?
Viele akute Attacken werden durch Faktoren
ausgelöst, die kontrollierbar oder
vermeidbar sind, z.B. Medikamente, Alkohol,
Fastenkuren (inkl. Diäten) oder Hormone.
Medikamente
Alle Personen mit akuter Porphyrie müssen
bei der Einnahme von Medikamenten grösste
Vorsicht walten lassen, da viele davon eine
Attacke auslösen können. Vor der
Einnahme muss in jedem Fall die Sicherheit des Arzneimittels abgeklärt
werden, entweder zusammen mit Ihrem behandelnden
Arzt oder einem Porphyrie-Spezialisten.
Dies gilt sowohl für auf Rezept verschriebene
Präparate, als auch in der Apotheke
selbst gekaufte und für Kräuter-
oder Naturheilpräparate, da auch solche
eine Attacke auslösen können.
Obwohl mehr als 100 Arzneimittel als ungeeignet
betrachtet werden müssen, sind fast
immer genügend sichere Alternativen
vorhanden. Es kann sein, dass jemand mit
der Anlage zu Porphyrie gelegentlich zur
Behandlung einer schweren Erkrankung ein
spezielles Medikament benötigt, das
ein Risiko für die Auslösung einer
Attacke trägt oder das so neu ist,
dass über die Verträglichkeit
bei Porphyrie nichts bekannt ist. Wenn in
diesem speziellen Fall Ihr Arzt entscheidet,
ein solches Medikament zu verabreichen,
nachdem er mit dem Porphyrie-Spezialisten
ausführlich den Nutzen und die Risiken
erörtert hat, sind jedoch spezielle
Kontrolluntersuchungen erforderlich.
Auch wenn akute Attacken vor der Pubertät
sehr selten auftreten, ist es am sichersten,
dass auch Kinder, die die Anlage für
eine akute Porphyrie tragen, alle Medikamente
meiden, deren Unbedenklichkeit bei akuter
Porphyrie nicht gesichert ist.
Die Reaktion von Individuen mit Anlage zu
Porphyrie auf die Einnahme eines Medikamentes,
das bei anderen Individuen eine Porphyrie-Attacke
ausgelöst hat, ist nicht voraussehbar.
Dies bedeutet, dass nicht alle Porphyrie-Patienten
in gleicher Weise auf dieselben Medikamente
reagieren.Wenn jedoch eine Reaktion auftritt,
dann immer in Form einer akuten Attacke,
die sich innerhalb von Tagen nach Beginn
der Medikamenteneinnahme entwickeln kann.
Reaktionen wie Schwindel, Schwächegefühl,
Allergien oder kurzzeitige Hautausschläge,
welche sofort und kurz nach Einnahme von
Medikamenten auftreten, haben selten mit
der Porphyrie zu tun, sondern haben andere
Ursachen.
Alkohol
Viele Ärzte mit Erfahrung in der Betreuung
von Patienten mit akuter Porphyrie warnen
vor Alkoholkonsum. Dennoch haben die Betroffenen
Mühe, diesen Ratschlag zu befolgen.
Es ist sinnvoll, sich als Lebensziel eine
Reduktion der Attacken zu setzen und somit
den Alkohol konsequent zu meiden. Ein Kompromiss
ist, zumindest schwere Rotweine, Branntweine
und Liköre zu meiden.
Diät
Kalorienarme Diäten zur Gewichtsreduktion
und längere Phasen mit verminderter
Nahrungs-aufnahme können eine akute
Attacke auslösen. Es ist sehr wichtig
regelmässig Nahrung zu sich zu nehmen,
um ein normales Gewicht zu halten. Personen,
die bereits eine akute Attacke erlitten
haben, sollten sich von einem Ernährungsberater
unter Berücksichtigung ihrer persönlichen
Umstände beraten lassen.
Das Ziel ist die Aufrechterhaltung eines
normalen Körpergewichtes, wobei ein
ausreichender Anteil der Nahrungsmittel
(55-60% der Gesamtnahrung) in Form von Kohlenhydraten
(Stärke, Glukose) zugeführt werden
sollte. Zudem sollen mindestens drei Hauptmahlzeiten
pro Tag eingenommen werden. Bestimmte Personen,
insbesondere Frauen in der prämenstruellen
Phase, bevorzugen mehrere kleinere Mahlzeiten
alle 3 Stunden.
Patienten mit schwerer Form von Porphyrie
benötigen von ihrem Arzt und einem
Ernährungsberater spezielle Anweisungen
und Unterstützung, insbesondere wenn
sie schon mehrere Attacken erlitten haben.
Für Personen, die an einer akuten Porphyrie
leiden und zudem übergewichtig sind
und daher abnehmen möchten, ist es
unbedingt erforderlich, sich durch ihren
Arzt beraten zu lassen, damit sie durch
eine adäquate Diät langsam an
Gewicht verlieren.
Medizinischer Ausweis
:
|
Es ist sehr wichtig,
dass Sie immer einen Ausweis über
Ihre Erkrankung in Form einer Karte,
eines Arm- oder Halsbandes mit sich
führen. Dieser Ausweis kann bei
einem Notfall sehr wichtig sein, falls
Sie selbst nicht in der Lage sein
sollten, Auskunft zu geben.
Ein solcher Ausweis kann in Englisch,
Französisch, Deutsch, Italienisch,
Spanisch und Polnisch bei der Firma
Orphan Europe angefordert werden.
Nähere Informationen erhalten
Sie bei Ihrem Arzt oder dem Referenzlabor
Ihres Landes (siehe
Liste). Details zu den Arm- und
Halsbändern erhalten Sie von
der MedicAlert-Foundation in über
50 Ländern, in England z.B. über, www.medicalert.co.uk.
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9. SPEZIELLE PROBLEME
Narkose, örtliche Betäubung und
chirurgische Eingriffe
Sie müssen den Chirurgen und den Anästhesisten
vor dem Eingriff über Ihre Porphyrie-Erkrankung
informieren, damit ein für Sie sicheres
Narkosemittel eingesetzt werden kann.
Zahnarzt
Sie sollten Ihren Zahnarzt über Ihre
Porphyrie-Erkrankung informieren. Auch die
von Zahnärzten häufig verwendeten
örtlichen Betäubungsmittel sind
nicht immer sicher.
Impfungen
Alle Impfungen, welche beim Menschen zugelassen
sind, können auch bei Porphyrie-Patienten
vorgenommen werden.
10. SPEZIFISCHE INFORMATIONEN
FÜR FRAUEN MIT PORPHYRIE
Wegen der weiblichen Geschlechtshormone,
im speziellen auf Grund des Progesterons,
besitzen Frauen ein dreifach erhöhtes
Risiko, eine akute Attacke zu erleiden. Dieses
Hormon kommt in Verhütungsmitteln (Anti-Baby-Pille)
und in Hormonersatztherapien vor, welche oft
nach der Menopause verschrieben werden. Orale
Verhütungsmittel (Pille) und Hormonersatz-Behandlungen
sollten, wenn möglich, bei Frauen mit
akuter Porphyrie vermieden werden. Injizierbare
und insbesondere implantierte Langzeit-Hormone
sind sehr gefährlich und sollen unter
keinen Umständen angewandt werden.
In besonderen Fällen, bei denen das
Risiko klein und der Nutzen hoch ist, kann
Ihr Arzt nach Absprache mit dem Porphyrie-Spezialisten
ein Progesteron-haltiges Hautpflaster verschreiben,
um eine Hormonersatzbehandlung durchzuführen.
Prämenstruelle Symptome
Bei einigen Frauen sind Attacken eindeutig
mit der prämenstruelle Phase korreliert.
In dieser Situation kann Ihr Arzt Ihnen für
1-2 Jahre ein spezielles Hormon-Präparat
verschreiben, welches die Menstruation unterdrückt.
Eine solche Behandlung kann nur in Zusammenarbeit
mit dem Arzt durchgeführt werden und
erfordert eine engmaschige Überwachung.
Schwangerschaft
Die meisten Schwangerschaften verlaufen beschwerdefrei,
und es besteht nur ein gering erhöhtes
Risiko eine akute Attacke während oder
nach der Schwangerschaft zu erleiden. Darüber
hinaus ist die Gefahr einer solchen Attacke
geringer, wenn die Diagnose einer Porphyrie
zuvor bereits gestellt wurde und die notwendigen
therapeutischen Massnahmen unverzüglich
eingeleitet werden können.
Es ist deshalb für Ihren Frauenarzt
besonders wichtig, dass er über Ihre
Porphyrie-Erkrankung informiert ist.
Frauen, die auf Grund einer schweren Attacke
einen stationären Krankenhausaufenthalt
benötigten, sollten ,sofern möglich,
erst 12 Monate nach der Erholung von dieser
Attacke schwanger werden.
11. BEHANDLUNG AKUTER ATTACKEN
Die frühzeitige Diagnose einer akuten
Attacke erlaubt eine unverzügliche Behandlung.
Die initialen Symptome, welche eine akute
Attacke ankündigen, können von denjenigen
Patienten, die bereits eine Attacke erlitten
haben, zumeist erkannt werden (siehe
Kapitel 2 "Was ist eine akute Porphyrie-Attacke").
Falls Sie solche Früh-Symptome bei sich
wahrnehmen, sollten Sie die Zufuhr aller Risikofaktoren,
z.B. Medikamente - gegebenenfalls nach Rücksprache
mit Ihrem Porphyrie-Spezialisten - stoppen.
Die Einnahme zuckerhaltiger Getränke
oder von Traubenzucker können den Schweregrad
einer Attacke reduzieren. Sobald Sie eine
akute Attacke vermuten, sollten Sie Ihren
Arzt informieren, damit eine sofortige Krankenhauseinweisung
eingeleitet werden kann.
Dort wird folgendes durchgeführt:
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Biochemische Abklärung durch Messung
der Vorstufen ALA und PBG im Urin. |
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Sofortiger
Behandlungsbeginn durch intravenöse
Gabe von Hämin und/oder Kohlenhyd-raten. |
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Gabe
von zusätzlichen Medikamente, um
die verschiedenen Begleiterscheinungen
zu lindern (vor allem Opiate gegen starke
Bauchschmerzen). |
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Weitere
Behandlungsmöglichkeiten schliessen
Arzneimittel ein, die Schmerzen und Übelkeit
verringern und zur Beruhigung führen.
Es muss auf eine ausreichende Kalo-rienzufuhr
geachtet werden, notfalls durch intravenöse
Gabe oder Nasen-Magen-Tubus. |
Die Gabe von humanem Hämin ermöglicht
es, den relativen Mangel an Häm in der
Leber auszugleichen. Damit reduziert sich
der Bedarf des Organismus nach den Porphyrin-Vorstufen
(ALA und PBG) und den Porphyrinen für
die Hämsynthese. Die Gabe von humanem
Hämin ist daher die Behandlung 1. Wahl.
Bei verzögerter Verfügbarkeit des
humanen Hämins können zwischenzeitlich
grössere Dosen Glukose verabreicht werden.
Für Personen, die eine Anlage zur akuten
Porphyrie geerbt, aber noch nie eine Attacke
erlitten haben, ist die Früherkennung
schwieriger. Als Folge daraus resultiert das
Risiko, dass jeglicher Schmerz als Symptom
der Porphyrie gedeutet wird, obwohl eine andere
Ursache diesem Schmerz zugrunde liegt. Es
soll hier betont werden, dass Porphyrie-Patienten
auch unter gewöhnlichen Bauchbeschwerden
leiden können, wie andere Menschen auch.
Daher soll der Arzt andere medizinische Ursachen,
die Schmerzen verursachen können, in
Betracht ziehen.
Im Speziellen können Darmerkrankungen,
Harnwegsinfektionen oder seltener andere medizinische
Probleme wie eine Blinddarmentzündung
auftreten. In diesen Fällen kann durch
die Bestimmung von ALA und PBG im Urin eine
akute Porphyrie bestätigt oder ausgeschlossen
werden.